22.04.2020
Bewältigung der Corona-Krise und Zukunftssicherung.
Das FORUM MUSIK FESTIVALS veröffentlicht ein Positionspapier.
FORUM MUSIK FESTIVALS
Bewältigung der Krise und
Zukunftssicherung
Sehr geehrte Frau
Bundeskanzlerin, sehr geehrte Minister*innen des Bundeskabinetts, sehr geehrte
Ministerpräsident*innen, sehr geehrte Vorsitzende des Kulturausschusses des
Bundestages, sehr geehrte Frau Kulturstaatsministerin!
Die Corona-Pandemie hat die Kulturszene weltweit in eine
tiefe Krise gestürzt. Die von Bund und Ländern versprochene schnelle Hilfe
kommt nicht immer bei den Adressaten an. Nachdem Künstler*innen in
existenzielle Not geraten sind, droht nun auch der Veranstalterbranche ein
Kahlschlag. Zusätzlich erschweren unterschiedliche Maßgaben in den einzelnen
Bundesländern die Arbeit.
40 Festivals aus ganz
Deutschland stellen, stellvertretend für Hunderte weitere, fest:
- Musikfestivals sind ein unverzichtbarer Teil des
menschlichen Zusammen- und Kulturlebens. Gemeinsam und gleichrangig mit Konzert-
und Opernhäusern, Orchestern und Chören gestalten sie das weltweit bewunderte
„Musikland Deutschland“.
- Musikfestivals bringen Kultur auch und vor allem
in den ländlichen Raum. Sie ermöglichen damit auch breiteren Publikumskreisen
als in den großen Städten die Begegnung mit hochwertigen musikalischen Live-Erlebnissen.
Wer jetzt Festivals und Künstler sterben lässt, wird morgen mit kulturell
verwaisten Landstrichen bestraft.
- Rund 600 Musikfestivals mit internationaler
Ausstrahlung in ganz Deutschland sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor mit
insgesamt etwa 400 Millionen € Gesamtumsatz und einer vielfachen Wertschöpfung.
Wir fordern konkret:
- Klare Sprache in den Verfügungen!
In der Krise muss die Politik
differenzieren und darf die Vielzahl der Kulturinstitutionen und Veranstalter
nicht in einen Topf werfen! Klare und einheitliche Regelungen müssen sein. Was
ist „Höhere Gewalt“? Was ist eine „Großveranstaltung“? Wer definiert
rechtssicher das Andauern einer Pandemie? Mit frühzeitigen und langfristigen
Verfügungen können wir besser arbeiten als mit einer anhaltenden Unsicherheit
und nebulösen Allgemeinplätzen. Es kann nicht sein, dass Festivalmacher*innen
mit der Entscheidung zur Absage allein gelassen werden und sich in nicht zu
beziffernde Haftungsrisiken begeben.
- Gleichbehandlung von Kultur mit Sport,
Religionsgemeinschaften und Wirtschaft!
Strenge Hygiene- und Abstandsregeln können
auch bei Kulturveranstaltungen umgesetzt werden. Kultur besteht nicht nur aus
Großveranstaltungen. Es gibt ausreichend Repertoire für variable Besetzungen
und viel Kreativität für alternative Formate. Kulturinstitutionen und Künstler*innen
können auf diese Weise Verluste mindern.
- Planungssicherheit
für die nahe Zukunft!
Festivalmacher*innen mit Veranstaltungen in
den kommenden Monaten müssen täglich zwischen professioneller Vorbereitung für
eine erfolgreiche Durchführung und den Risiken einer drohenden Absage abwägen.
Hier braucht es schnell verlässliche Kriterien und klare Rahmenbedingungen in
Bezug auf die zukünftige Zuwendungsfähigkeit der Kosten.
Bei vielen Festivals stehen darüber hinaus Verhandlungen
über öffentliche Mittel des nächsten Jahres an. Wir fordern eine möglichst pauschale
Ansetzung und Bewilligung der durchschnittlichen Zuwendungen der vergangenen
drei Festivalausgaben. Die Finanzierung von Festivals darf nicht unter
„Freiwillige Leistungen“ subsumiert werden.
- Faire
Behandlung für alle Festivals!
Die Krise trifft die Festivals zu
unterschiedlichen Zeitpunkten. Es darf kein Wettrennen um Rettungsfonds geben.
Auch Festivals im weiteren Verlauf des Jahres leiden unter Planungsunsicherheit.
Eintrittsgelder, Spenden und Sponsoring gehen massiv zurück. „First come, First
served“ darf kein Grundsatz öffentlicher Kulturförderung sein.
- Hilfe für die Essenz aller Festivals:
die Künstler*innen!
Es sind vor allem freiberufliche Künstler*innen
und freie Ensembles, die unsere Festivals zum Strahlen bringen. Die Schäden
gehen aktuell einseitig zu Lasten dieser Künstler*innen. Wir fordern, dass auf
allen Ebenen Ausfallhonorare sowie bereits entstandener Aufwand für
Vorbereitung und Reisekosten als zuwendungsfähig anerkannt und damit auch
ausgezahlt werden können. Im Idealfall gibt es ein einheitliches Verfahren auf
den Ebenen Europa, Bund, Land, Kommunen und Landkreisen. Externe Berater*innen
warnen derzeit vor der Gefahr, bei Zahlung ohne vereinbarte Leistung die
Gemeinnützigkeit zu verlieren. Dazu darf es nicht kommen.
- Bewilligungszeiträume
bis Ende 2021 verlängern!
Den
Umfang der Schäden zu ermitteln ist eine komplexe Rechenaufgabe. Dazu benötigen
wir Zeit. Oft arbeiten wir nur in kleinen Teams und sind derzeit ohnehin mit
der Bewältigung der Krise (Ticketrückerstattung etc.) stark gefordert. Die
Abwägung zwischen Verschiebung und Absage bedarf einer behutsamen und
überlegten Planung. Wir fordern die pauschale Verlängerung der Projekt- und
Abrechnungszeiträume für alle öffentlichen Mittel bis zum 31.12.2021.
Darüber hinaus fordern wir:
Einheitliche
Regeln schaffen
Regelungen für einzelne Bundesländer
greifen zu kurz und sind nicht vermittelbar. Unsere Künstler*innen kommen aus vielen
Ländern und Regionen Europas. Groß denken! Europäisch denken! In jedem Fall
muss der Bund mit klaren Aussagen vorangehen. Momentan wartet ein Förderer auf
den anderen.
Finanzierung
vereinfachen
Musikfestivals sind zu großen Teilen privat
und mit viel ehrenamtlichem Engagement organisiert und finanziert. Staatliche
und kommunale Stellen beteiligen sich auf Antrag mit Zuwendungen. Die
Antragsverfahren müssen vereinfacht und als
Festbetragsfinanzierung ausgeführt werden. Spenden und Sponsoring von privater
Seite müssen gerade jetzt noch attraktiver gemacht werden, damit unsere
Unterstützer für ihr persönliches Engagement in der Krise belohnt werden.
Rücklagen und Zukunftssicherung
Eingenommene Mittel müssen auf das
Folgejahr übertragbar sein. Auch gemeinnützige Träger müssen Rücklagen bilden
dürfen.
Faire
Behandlung unseres Publikums und der Künstler*innen
Künstler*innen sind keine Dienstleister,
sondern Partner. Wenn Zuschauer*innen den Gegenwert ihrer Tickets spenden,
haben sie dabei nicht die Entlastung öffentlicher Haushalte im Sinn. Wer
Spenden von Ticketkunden annimmt, muss das Geld auch den Künstler*innen
zukommen lassen dürfen.
Zukünftige
Lastenverteilung
Wir müssen uns bereits jetzt auf
eine zukünftige, solidarische Lastenverteilung verständigen.
Die aktuelle Krise darf die deutsche Kulturlandschaft
nicht weiter beschädigen.
Wir sind gerne bereit, gemeinsam mit Ihnen Lösungen für
die Zukunft zu finden.
Sprechen Sie uns an!
Erstunterzeichner*innen:
- Köthener Bachfesttage – Folkert Uhde – Intendant
- Stiftung Händel-Haus / Händel-Festspiele Halle (Saale) – Clemens
Birnbaum – Direktor Stiftung Händel-Haus / Intendant Händel-Festspiele Halle
(Saale)
- Musikfestspiele Potsdam Sanssouci – Dorothee
Oberlinger – Intendantin
- Internationale Händel-Festspiele
Göttingen – Tobias Wolff – Geschäftsführender Intendant
- Musikfest ION – Moritz Puschke – Künstlerischer Leiter
- Impuls-Festival für Neue Musik
Sachsen-Anhalt – Hans Rotman – Intendant
- Hofmusik Festival – Martin Kallnischkies – Geschäftsführer
- zamus – Zentrum für Alte Musik / KGAM
e.V. – Mélanie Froehly – Geschäftsführung
- Steinway-Festival Wolfshagen im Harz – Noah Vinzens – Künstlerischer
Leiter
- Heinrich Schütz Musikfest – Dr. Christina Siegfried – Intendantin
- Kissinger Sommer – Dr.
Tilman Schlömp – Intendant
- Langenberg Festival – Nina Reddig – Gesamtleitung
- Bachwoche Ansbach – Dr. Andreas Bomba – Geschäftsführer und
Intendant
- Braunlager Maikonzerte – Kaja Engel – Festivalleiterin
- Schleswig-Holstein Musik Festival – Dr. Christian Kuhnt – Intendant
- Kammeroper Köln / Musikpicknick –
Esther Hilsberg-Schaarmann – Intendantin
- Festspiele Mecklenburg-Vorpommern – Toni Berndt – Kaufmännischer
Direktor
- Kasseler Musiktage – Olaf A. Schmitt – Künstlerischer Leiter
- Sommerliche Musiktage Hitzacker – Dr. Christian Strehk –
Vorstandsvorsitzender
- Thüringer Bachwochen – Christoph Drescher – Festivalleitung
- Köthener Herbst – Dr. Andreas Glöckner – Künstlerischer Leiter
- Ludwigsburger Schlossfestspiele – Jochen Sandig – Intendant
- Mozartfest Würzburg – Evelyn Meining – Intendantin
- Internationales Musikfestival Koblenz – Benedict Klöckner – Künstlerischer
Leiter
- Musikfest Eichstätt. Alte Musik neu entdecken – Heidi Gröger – Künstlerische
Leitung.
- SPAM – Spandau macht Alte Musik – Johannes Weiss – Künstlerischer
Leiter
- Festival Alte Musik Knechtsteden – Michael Rathmann – Festivalmanagement
- Internationale Musikfestspiele Weilburger Schlosskonzerte – Stephan
Schreckenberger -Intendant
- Tanz-Kultur-Woche Göttingen – Judith Kara – Künstlerische Leitung
- Bachfest Leipzig – Prof. Dr. Michael Maul – Intendant
- Klavier-Festival Ruhr – Birgit Glasow-Carl – Künstlerische
Direktorin
- Int. Festival für Vokalmusik „a cappella“ Leipzig / Sommertöne-Festival
– Tobias Rosenthal – Organisation
- Arbeitskreis Kultur im Kreis Göttingen – S. Karnehm-Wolf, G. Jess,
H. Stock – Organisationsteam
- Tobias Scharfenberger – Geschäftsführender Intendant – Mosel
Musikfestival gGmbH
- Luisenburg-Festspiele Wunsiedel – Harald Benz – Kaufmännischer
Theaterleiter
- Magdeburger Telemann-Festtage – Dr. Carsten Lange – Leiter
- Musikfest Bremen – Thomas Albert – Intendant
- Opernfestspiele Heidenheim – Marcus Bosch – Künstlerischer
Direktor
- Gandersheimer Domfestspiele – Achim Lenz – Intendant
- Brandenburger Festspiele – Manuel Dengler – Intendant
Absender:
FORUM
MUSIK FESTIVALS
c/o Int. Händel-Festspiele Göttingen
Tobias Wolff – Geschäftsführender Intendant
Hainholzweg 3
D- 37085 Göttingen
Mail: twolff@haendel-festspiele.de
Ansprechpartner*in
für Medienanfragen:
Ophelias Culture PR
Frau Ulrike Wilckens
Johannisplatz 3a
81667 München
Mail: letter@ophelias-pr.com
Tel:
+49 (0)89 67 97 10 50