24.09.2024
Von Bad Köstritz bis Dresden: Das 27. Heinrich Schütz Musikfest findet vom 4. bis 13. Oktober 2024 unter dem Titel "ungezähmt.kreativ.weiblich" statt.
PRESSEINFORMATION, 24.09.2024
„ungezähmt.kreativ.weiblich“ – unter diesem Titel steht das Heinrich Schütz Musikfest 2024. Das hochkarätig besetzte Festival findet vom 4. bis zum 13. Oktober 2024 in Dresden, Bad Köstritz, Gera, Weißenfels und Zeitz statt – veranstaltet von der Mitteldeutschen Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen e.V. (MBM) in Zusammenarbeit mit ihren Kooperationspartnern in den authentischen Schütz-Orten Mitteldeutschlands. Auf dem Programm stehen mehr als 40 Veranstaltungen: Konzerte, Vorträge, Ausstellungen und Führungen ebenso wie musikalische Gottesdienste und Vespern. Tickets sind im Vorverkauf erhältlich sowie an den jeweiligen Abend- und Tageskassen
Die 27. Ausgabe des einzigen überregionalen Festivals, das Heinrich Schütz (1585–1672) gewidmet ist, richtet den Fokus auf die schöpferischen Frauen vor allem des 17. Jahrhunderts, aber auch auf die Gegenwart mit ihren Interpretinnen, Komponistinnen und Wissenschaftlerinnen. Zudem sucht das Heinrich Schütz Musikfest 2024 nach Spuren weiblicher Kunst- und Musikförderung.
Bewusstseinsbildung und klingende Vergegenwärtigung
„Dass ein Festival für Barockmusik die Rolle und Bedeutung weiblicher Kreativität in den Mittelpunkt rückt, wäre vor fünfzig Jahren noch undenkbar gewesen. Eine männlich dominierte Musikwelt und Musikwissenschaft wurden erst seit den 1970er-Jahren von der Emanzipationsbewegung darauf aufmerksam gemacht, dass – trotz eingeschränkter Gestaltungsspielräume – Komponistinnen, Interpretinnen und Dichterinnen tätig waren, die die Musikgeschichte des 17. und frühen 18. Jahrhunderts substanziell bereichert und geprägt haben. Und auch heute noch ist hier viel zu tun für die Bewusstseinsbildung und klingende Vergegenwärtigung. Grund genug für das Heinrich Schütz Musikfest 2024, sich auf eine Entdeckungsreise in das nach wie vor zu wenig bekannte Terrain der musizierenden und komponierenden Frauen des Barocks zu begeben, ihre Leistungen zu dokumentieren und den Wissensstand klingend zu aktualisieren. Es versteht sich von selbst, dass dabei den kreativen Alte-Musik-Interpretinnen unserer Tage eine führende Rolle zukommt und Brückenschläge in die Moderne dem Programm besondere Glanzlichter aufsetzen. Wer die Rolle der Frau heutzutage wieder auf das Hausfrauenmodell des 19. Jahrhunderts zurückdrehen möchte, dem sei das diesjährige Heinrich Schütz Musikfest besonders ans Herz gelegt, denn es zeigt, dass die Geschlechterklischees schon in der Vergangenheit nicht nur massiv hinterfragt, sondern ebenso kreativ ausgehebelt wurden. Auch diese Ausgabe des Festivals sorgt für frischen Wind, der aus vergangenen Zeiten zu uns herüberweht, und die Botschaft ist klar: Künstler:innen sind für eine glückliche, kulturell reiche und friedfertige Gesellschaft unverzichtbar“, sagte MBM-Präsident und Musikwissenschaftler Prof. Dr. Wolfgang Hirschmann heute in Weißenfels.
Vokalensemble Ælbgut ist artist in residence
Als artist in residence wird sich die Dresdner Sopranistin Isabel Schicketanz mit ihrem Vokalensemble Ælbgut in Vielfalt und künstlerischer Meisterschaft dem Festivalthema nähern und das Heinrich Schütz Musikfest 2024 maßgeblich zu prägen. Sie gestalten gemeinsam mit weiteren Sänger:innen und Instrumentalensembles wie CONTINUUM, tiefsaits und dem Ensemble WUNDERKAMMER sechs Konzerte an allen Musikfest-Orten und machen in einer Quellenpräsentation in Kooperation mit der SLUB Dresden sowie in solistischen Kleinformen ganz unterschiedliche Zugänge zu altem und neuem Repertoire erlebbar.
„Wir freuen uns sehr auf unsere besondere Zusammenarbeit mit dem Heinrich Schütz Musikfest in diesem Jahr. Für unser junges Ensemble ist das Auftreten als artist in residence eine ganz neue Erfahrung. Mit verschiedenen Programmen und sogar einer Uraufführung maßgeblich das Festival gestalten zu können, ist ein großes Geschenk für uns. Besonders schön ist es, dieses in unserer Heimat und mit Heinrich Schütz, unserem langjährigen musikalischen Begleiter, tun zu dürfen“, sagt Martin Schicketanz von Ælbgut.
Auftragswerk "Tiefhoffnungsblau" – Uraufführung am 4. Oktober 2024
Es ergibt sich ganz natürlich, dass in diesem Jahr auch die heute schöpferischen "Schwestern" derjenigen Komponistinnen des 17. Jahrhunderts besonders präsentiert werden, deren Schaffen das Festival 2024 gewidmet ist. Es stehe deshalb bei vielen Konzerten Werke zeitgenössischer Komponistinnen auf dem Programm. Gekrönt wird das Anliegen durch ein Auftragswerk, das das Heinrich Schütz Musikfest an die Komponistin Annette Schlünz und die Dichterin Ulrike Schuster vergeben hat.
Unter dem inspirativ-geheimnisvollen Titel „Tiefhoffnungsblau“ entstand in engem Austausch mit Ælbgut und CONTINUUM ein Werk, das das 17. und das 21. Jahrhundert nah zueinander rückt. Wo Geistes- und Klangwelt der Frühen Neuzeit fern scheinen, Fragen aufwerfen und sich einer leichten Zugänglichkeit versperren, bauen Annette Schlünz und Ulrike Schuster Brücken. Sie entspringen direkt den „Symphoniae Sacrae“ III, die Heinrich Schütz 1650 veröffentlichte – zwei Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, der die innere und äußere Weltordnung tiefgreifend verändert hatte. Es erklingen sieben ausgewählte Sätze von Heinrich Schütz in Original-Fassung, verbunden und verankert in der Gegenwart durch die Musik von Annette Schlünz‘, interpretiert von Ælbgut und CONTINUUM.
„Tiefhoffnungsblau“ wird beim Eröffnungskonzert zum Heinrich Schütz Musikfest 2024 am 4. Oktober 2024 in der St. Marienkirche Weißenfels uraufgeführt und ist darüber hinaus am 5. Oktober 2024 in der St. Johanniskirche Gera sowie am 6. Oktober 2024 in der Dreikönigskirche Dresden zu erleben. Für diese Konzerte arbeitet das Ensemble Ælbgut mit Marie Luise Werneburg (Sopran) und Christopher Renz (Tenor) sowie mit dem Berliner Instrumentalensemble CONTINUUM unter der Leitung von Elina Albach zusammen.
Neu: Carte Blanche-Konzerte mit herausragenden Protagonistinnen der Alten Musik
In Carte Blanche-Konzerten präsentieren mit Hille Perl, Friederike Otto und Nora Thiele drei herausragende Protagonistinnen der Alten Musik und ihrer stilistischen Grenzbereiche einmalige, ganz persönliche Programme beim Heinrich Schütz Musikfest 2024.
Carte Blanche I: „Meisterin der Gambe“ – dieses Prädikat verdient Hille Perl ohne Einschränkungen und weit über Genregrenzen hinaus. Sie darf durchaus als Gesicht für ein Instrument und Repertoire gelten, das in den letzten Jahrzehnten gerade von forschenden Musiker:innen neu erschlossen wurde und einen festen Platz im Herzen der Fans Alter Musik gefunden hat. In innovativen Programmen macht Hille Perl immer wieder und aufs Intensivste erlebbar, wie gegenwärtig Barockmusik ist. Für ihr Carte Blanche-Konzert „Da Pacem“ hat sie die Sängerin, Komponistin und Dirigentin Cymin Samawatie, den Countertenor Terry Wey und das Gambenconsort The Sirius Viols eingeladen, gemeinsam mit ihr einen Abend mit Werken von Johann Hildebrandt, Arvo Pärt und John Tavener zu gestalten – zu erleben am 8. Oktober 2024, 19.30 Uhr in der Unterkirche der Frauenkirche Dresden.
Carte Blanche II: Die Zinkenistin Friederike Otto, die als Expertin für das Zinkrepertoire des 16. und 17. Jahrhunderts immer wieder innovative Programme jenseits von Genregrenzen realisiert, sucht „Schwestern“ der komponierenden Italienerinnen des 17. Jahrhunderts wie Barbara Strozzi und Francesca Caccini und findet sie u.a. in den zeitgenössischen Komponistinnen Sarah Nemtsov (*1980) und Alyssa Aska (*1985). Mit einem hochkarätig besetzten Ensemble – darunter die Sopranistin Viola Blache, die Saxophonistin Asya Fateyeva und die Hackbrett-Spielerin Elisabeth Seitz – lotet sie das intensive und anspruchsvolle Miteinander von Stimme und Instrument aus. Friederike Ottos Carte Blanche-Konzert „Oh bittre Süße der Liebe“ findet am 9. Oktober in der St. Marienkirche in Gera-Untermhaus statt.
Carte Blanche III: Die international renommierte Perkussionistin und Spezialistin für historische Schlaginstrumente Nora Thiele, die Abgrenzungen zwischen Stilen und Epochen in ihrer künstlerischen Arbeit immer wieder in Frage stellt, wählt mit The Playfords einen spielerischen Zugang und nimmt das Publikum in ihrem Carte Blanche-Konzert unter dem Titel „Here and Now“ mit auf eine Entdeckungsreise durch die Rhythmusgeschichte Europas, auf deren Fundament auch die Musik Heinrich Schütz’ und seiner Zeitgenoss:innen steht. Früheste europäische Instrumentalmusik, „Hits“ des 16. und 17. Jahrhunderts, moderne Ambientmusik und Improvisation – diese reizvolle Mischung erklingt am 11. Oktober 2024 im Dresdner Jazzclub Tonne
Experimentierfreude, Innovationen, Neuentdeckungen und Debüts
Es gehört zu den besonderen Eigenschaften der Alten Musik, Interpret:innen viele Gestaltungsfreiheiten zu bieten. Die Werke von Heinrich Schütz und seinen Zeitgenoss:innen in einer Fassung für Frauenstimmen oder als Jazz-Arrangement? Das Ausnahme-Ensemble Sjaella (6.10., Weißenfels) sowie die Formation ArsMusicaElletrica um die Sopranistin Julla von Landsberg (10.10., Bad Köstritz) gehen mit ihren Programmen ungewöhnliche Wege und bauen Brücken zwischen den Jahrhunderten. Profundes Wissen um die historische Aufführungspraxis verbunden mit einem mitreißenden Gestaltungswillen verspricht einmalige Konzerterlebnisse beim Heinrich Schütz Musikfest 2024.
Dass sich Cantus Thuringia – ein international anerkanntes Spezialensemble vor allem für die Barockmusik Mitteldeutschlands – eines rein italienischen Programms annimmt, hat einen berichtenswerten Ursprung, der wiederum in Mitteldeutschland liegt: Ein Druck von Vittoria Raffaela Aleottis „Ghirlanda de Madrigali“ (1593) befand sich im Bestand der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar, der vom dramatischen Brand 2004 in Mitleidenschaft gezogen wurde. In der Reihe „Musik aus Weimars Aschebüchern“ übernahm das Ensemble 2019 die Präsentation einer kleinen Auswahl dieser Werke, bevor daraus ein Konzertprogramm entstand. Der Auftritt von Cantus Thuringia mit Cembalistin Tineke Steenbrink beim Heinrich Schütz Musikfest 2024 (12.10., Frauenkirche Dresden) ist zugleich das CD-Release Konzert für die bei Sony neu erscheinende Aufnahme dieser Werksammlung.
Mit einem Gang durch eine musikalische Schatzkammer feiert die US-amerikanische Sopranistin Lisa Solomon ihr Festivaldebüt und präsentiert dabei auch Werke von weniger bekannten Künstlerinnen wie Lady Mary Dering, Lucrezia Orsina Vizzana, Sibylla Schwarz oder Sarra Copia Sulam, die eine ungezähmte Strahlkraft entfalten und Aufmerksamkeit verdienen (6.10., Heinrich-Schütz-Haus Weißenfels).
Darüber hinaus gestalten namhafte Solist:innen und Ensembles wie Il Giratempo mit der Mezzosopranistin Laila Salome Fischer, die Sopranistin Arianna Savall gemeinsam mit Tenor Petter Udland Johansen und dem Armonio Tributo Consort, das a-capella-Ensemble Sjaella, Les Kapsber'girls aus Frankreich, das Johann Rosenmüller-Ensemble sowie das Ensemble Titans Rising für Alte Musik das Heinrich Schütz Musikfest 2024.
Wegen der Herbstferien finden die diesjährigen Schulkonzerte bereits im Vorfeld des Festivals statt: „Das tapfere Schneiderlein“ mit der Cöllner Compagney ist vom 23. bis 25. September 2024 in allen Schütz-Orten zu erleben. Und im traditionellen Konzert „Schütz_Junior!“ treten in diesem Jahr Schülerinnen und Schüler der Kreismusikschule „Heinrich Schütz“ Nordsachsen und des Heinrich-Schütz-Konservatoriums Dresden gemeinsam auf (2.10., Dreikönigskirche Dresden).
Abschlusskonzert mit Verleihung des Internationalen Heinrich-Schütz-Preises 2024
Der festliche Abschluss für das Heinrich Schütz Musikfest 2024 findet am 13. Oktober 2024, 17.00 Uhr in Zeitz statt. Im Dom St. Peter und Paul erklingen Werke aus dem Umfeld der Mäzenin Christina von Schweden. Das Konzert mit dem Titel „So entflammte sie die Herzen“ gestalten Ælbgut als artist in residence gemeinsam mit dem Ensemble La Rubina. Das Konzert beleuchtet Lebensstationen der Mäzenin – mit Werken unter anderem von Vincenzo Albrici, Giacomo Carissimi, Antonio Cesti und Alessandro Scarlatti.
An diesem Abend wird auch der Internationale Heinrich-Schütz-Preis 2024 verliehen – an die renommierte Musikwissenschaftlerin Prof. Dr. Silke Leopold für ihre großen Verdienste um die Erforschung der Barockmusik in regionalen und internationalen Zusammenhängen sowie für ihre Leistungen als Vermittlerin musikhistorischen Wissens in die musikalische Praxis und das Kulturleben.
Mit diesem undotierten Preis ehren und würdigen das Heinrich Schütz Musikfest und seine Kooperationspartner an den Schütz-Orten in Mitteldeutschland seit dem Jahr 2018 Persönlichkeiten, Ensembles, Einrichtungen und Institutionen, die sich durch exzellente künstlerische wie wissenschaftliche Leistungen und Verdienste um die Interpretation, lebendige Vermittlung und weitreichende Verbreitung des Œuvres von Heinrich Schütz und der Musik seiner Zeit sowie durch ein herausragendes Engagement für deren nachhaltige Bewahrung und Förderung auszeichnen. Die silberne Ehrenmedaille zum Internationalen Heinrich-Schütz-Preis wurde von der weltweit renommierten Künstlerin Anna Franziska Schwarzbach geschaffen.
Ticket-Vorverkauf zum Heinrich Schütz Musikfest 2024
Eintrittskarten für die Veranstaltungen zum Heinrich Schütz Musikfest 2024 sind im Vorverkauf erhältlich. Neben normalen Tickets und Ermäßigungen (u.a. für Studierende, Auszubildende, Schwerbeschädigte) gibt es auch in diesem Jahr wieder besondere Angebote:
Tickets sind online über die Internetseite des Heinrich Schütz Musikfestes www.schütz-musikfest.de sowie an allen Reservix-Vorverkaufsstellen erhältlich. Tickets kann man außerdem erwerben im Heinrich-Schütz-Haus Bad Köstritz, in der Gera Information, in der Touristinformation Weißenfels, in der Tourist-Information Zeitz, an der Konzertkasse der Kreuzkirche Dresden, im Haus der Kirche – Dreikönigskirche Dresden und beim Ticketservice der Frauenkirche Dresden sowie an den jeweiligen Tages- und Abendkassen.
Weitere Informationen, das ausführliche Programm sowie Tickets für das Heinrich Schütz Musikfest 2024 gibt es im Internet unter www.schütz-musikfest.de.
Wir danken unseren Förderern und Kooperationspartnern