30.09.2019
Psalmen Davids reworked by Orchestronik® in 3D Audio
Freitag,
4. Oktober 2019, 10.00 Uhr bis Sonntag, 13. Oktober 2019, 21.30 Uhr
Unterkirche
der Frauenkirche | Dresden
Interview mit Fabian Russ
Ein Raumschiff, in der
Frauenkirche geparkt. Und Heinrich Schütz mittendrin.
Der
Komponist und Orchestroniker Fabian Russ eröffnet und begleitet das Heinrich Schütz Musikfest 2019 mit der
Installation Kaleidoskop
der Räume in
der Unterkirche der Frauenkirche.
Er
bearbeitet Schütz‘ Psalmen
Davids mittels
Orchestronik®.
Definieren
Sie doch bitte noch einmal den Begriff „Orchestronik“, der bei Kunstprojekten
stets hinter Ihrem Namen steht.
F. R. Für meine erste große
Arbeit „Inside
Partita“ im
Radialsystem in Berlin 2011 mit der Tänzerin Renate Graziadei und der Geigerin
Midori Seiler habe ich eine runde Bühne entwickelt und die Komposition fuhr auf
acht Lautsprechern um das Publikum herum. Wir nahmen eine Aufnahme von Bachs
Solopartiten hinzu, es entstand eine homogene Mischung aus Elektronik, dem
Klang der Geige, dem Raum und dem Publikum. Die Komposition bei „Inside Partita“ entstand mittels Sampling
aus den Partiten-Aufnahmen.
2015
haben wir dann zusammen mit der STÜBAphilharmonie das Kunstfest Weimar eröffnet
und dabei die Erfahrung von 2011 auf ein ganzes Orchester übertragen. Für diese Mischung schien mir „Orchestronik“
passend. Seitdem habe ich immer so gearbeitet und inzwischen den Begriff
patentrechtlich angemeldet.
Und
wie wird dieses Verfahren jetzt bei der Eröffnung des Heinrich Schütz Musikfests
funktionieren?
F. R. Bei diesem Werk arbeiten
wir nicht mit Live-Musik, sondern verwenden die hervorragende Aufnahme von
Schütz‘ Psalmen
Davids des
Dresdner Kammerchors. Zwei wichtige Parameter machen solch eine Arbeit für mich
zur Orchestronik: Das Sampling-Verfahren und die Verräumlichung des Klangs.
Heinrich Schütz hat bei seinen „Psalmen Davids“ zum ersten Mal eine Technik angewendet, die wir
heute vielleicht Surround Sound nennen würden. Damals hieß das Mehrchörigkeit.
Diese Technik hatte Schütz in Italien kennengelernt. Diese Komposition bietet
sich also für die Orchestronik geradezu an.
Wer
oder was gab den Anstoß dafür, dass Sie in diesem Jahr das Heinrich Schütz Musikfest
eröffnen?
F. R. Ich habe eine Anfrage
bekommen. Und schnell stellte sich heraus, dass die Unterkirche der
Frauenkirche wirklich ideal für meine Arbeit ist: Die Ruhe, die Konzentration
ist in diesem Raum schon da, sie muss nicht erst hergestellt werden. Und
außerdem ist sie die Begräbnisstätte von Schütz, das macht den Raum für mich
zusätzlich interessant. Das mit zu bedenken, ist ein schöner Aspekt.
Haben
Sie eine spezielle Verbindung zu Schütz?
F. R. Das ist meine erste
intensive Beschäftigung mit Heinrich Schütz. Es ist eine wunderbare
Auseinandersetzung, denn schon die Psalmen an sich sind ja ein starker Stoff:
Was für eine glückliche Aneinanderreihung von Ereignissen: Ein Hirtenjunge
trägt diese Lieder einem König vor. Später wird er selbst König. Heinrich
Schütz vertont die Lieder. Und wir haben jetzt die Möglichkeit, dieses Werk in
die Gegenwart zu holen, es wie durch ein Kaleidoskop zu betrachten. Das ist
eine große Ehre für mich.
Wie
können wir uns Ihre Installation vorstellen?
F. R. Wir schaffen einen Dom,
der in einem der Seitenarme der Unterkirche stehen und sich dort wie ein geparktes
Raumschiff aufhalten wird. Zum Glück brauchen wir kein extra Licht, denn das
vorhandene Licht, das aus den Stelen dort kommt, ist schon perfekt. Wir werden
eine etwa halbstündige akustische Schleife produzieren, die Komposition ist
aber nicht so konstruiert, dass man sich unbedingt 25 Minuten reinsetzen muss.
Man kann auch nach zwei Minuten wieder aussteigen. Es ist der Versuch, sowohl
das Festival- als auch das Laufpublikum der Frauenkirche in unsere Installation
zu holen.
Wie
sind Sie zu dieser Art zu komponieren gekommen?
F. R. Ich bin Autodidakt, stamme
aber aus einer Musikerfamilie. Mein Vater ist Orchestermusiker, und ich hatte
ziemlich lange Klavierunterricht. Aber ich bin nicht mal ein mittelmäßiger
Pianist. Mit 14 Jahren bekam ich meinen ersten Computer, den ich erst mal
auseinandergebaut habe und mit dem ich auch bald mit Klängen, zunächst mit
HipHop experimentierte. An dieser „Bruchstelle“ zwischen klassischer und
Computermusik bin ich aufgewachsen. Vielleicht klingt das abgedroschen, aber
ich wollte diese beiden Welten miteinander verbinden. Inzwischen sage ich
selbstbewusst, dass meine Handschrift gut und erkennbar ist, dass ich durch
meine Herkunft eine gewisse Sensibilität für Klassik habe.
Ist
das, was Sie machen, zeitgenössische Musik?
F. R. Ich finde die Experimente,
die in der zeitgenössischen Musik stattfinden, sehr wichtig. Aber ich komme da
gefühlsmäßig nicht ran. Ich selbst würde mich da nicht einordnen. Eher so auf
der Grenze zur Popularmusik. Popmusiker wiederum sagen zu dem, was ich mache, „oh,
das ist ja wahnsinnig experimentell...“
HEINRICH SCHÜTZ MUSIKFEST 2019
Eröffnung 4.10.2019, 10.00 in der Dresdner Frauenkirche: Eintritt frei.
Infos zum weiteren Programm: www.schütz-musikfest.de